Friendship-Goals: Kann man nach 30 noch wahre Freunde finden?

Es ist Freitagabend und ich sitzt unschlüssig auf meiner Couch. Eigentlich wollte ich mich gleich mit einer meiner ersten Freundinnen, die ich damals kennengelernt habe, als ich nach Berlin gezogen bin, treffen. Daraus wird wohl jetzt nichts. Erst war ich krank und nun ist sie zu k.o. und will nicht aus ihrem Kiez raus, der leider 1,5 Stunden einfach von mir weg ist. Problem: eigentlich lebt sie nicht mehr hier in Berlin und reist morgen wieder ab. Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Zum Nachdenken über Freundschaften und vor allem über Freundschaften über 30.

Auf der einen Seite werden Freundinnen-Gruppen wie von Carrie, Charlotte, Miranda und Samantha in Sex and the City von vielen Millennials angestrebt, auf der anderen Seite lachen wir über Memes wie „Als Erwachsene sagen wir immer ‚wir müssen uns bald mal wieder treffen‘ und dann stirbt man“. Das zeigt irgendwie, dass Freundschaften als Erwachsene ein bisschen komplizierter sind als damals im Kindergarten.

Klar, haben wir im Idealfall noch Freunde aus dieser Zeit – mit denen man schon im Sandkasten gespielt hat, zur Schule gegangen ist und die eine oder andere Peinlichkeit teilt. Oft sind diese alten Freunde aber nicht griffbereit und eine Long-Distance-Freundschaft. Vor allem, wenn man seine Heimatstadt verlassen hat und öfter umgezogen ist. Doch wahrscheinlicher ist es, dass man mit diesen Sandkastenfreunden schon lange keinen Kontakt mehr hat. Warum? Keine Ahnung. Wahrscheinlich ist man irgendwann herausgewachsen, weil man im Leben in unterschiedliche Richtungen gegangen ist oder hat mit dem Verlassen der gemeinsamen Heimat den Kontakt klammheimlich abbrechen lassen.

Man könnte dann meinen, dass man in seiner Wahlheimat dann seine Girl-Gang findet, wie man sie immer in Serien sieht. Doch das gestaltet sich meist schwieriger, als man denkt und davon kann ich ein Lied singen. Am Anfang ist man bei seinem Neustart immer noch sehr investiert und versucht so viele neue Leute kennenzulernen wie möglich, um seinen Kreis an Menschen zu finden. Wenn dann aber mal der Alltag und Routinen einkehren lässt das nach und es wird schwieriger Kontakt mit den Bekanntschaften zu halten. Dann können nicht so starke Verbindungen schon mal wieder brechen. Dazu kommt noch, dass in Städten wie Berlin doch viel Fluktuation gibt und neu gewonnene Freunde schnell wieder wegziehen können. Je älter man wird, desto schwieriger wird es Freunde fürs Leben zu finden. Die lustigen Begegnungen auf Clubtoiletten, die zu wahren Freundschaften werden, werden weniger und auch die Freundschaften, die man früher mal im Job gefunden hat, sind nicht mehr so.

Wahrscheinlich sind erwachsene Freundschaften doch näher an dem Meme dran als an Sex and the City. Man versucht gefühlt dauert alles unter einen Hut zu bekommen: Job, Familie, Hobbys und auch Freundschaften. Eines leidet da immer darunter. Dazu müssen wir auch manchmal die schwierige Entscheidung treffen, uns von Freundschaften zu verabschieden, die mehr Energie rauben, als geben. Gerade diese Cuts können genauso schmerzhaft sein wie eine romantische Trennung, sind aber oft ein notwendiger Teil des Wachsens.

Vielleicht geht es darum, zu erkennen, dass manche Beziehungen nur für eine bestimmte Lebensphase perfekt waren, jedoch nicht unbedingt mit uns altern müssen und es ist auch an der Zeit, die Qualität unserer Freundschaften gegenüber ihrer Quantität zu bewerten. Vor allem in der Zeit von Instagram, WhatsApp, TikTok und Co scheint es einfacher denn je, auf dem Laufenden zu bleiben, was im Leben unserer Freunde vor sich geht. Aber dieser digitale Vorhang kann auch eine Illusion der Nähe schaffen, die nicht den tieferen, emotionalen Verbindungen entspricht, die durch persönliche Gespräche entstehen. Dazu kommt, dass uns in der Welt der Erwachsenen oft beigebracht wird, dass Unabhängigkeit das ultimative Ziel ist. Aber vielleicht ist es an der Zeit, dass wir diese Vorstellung hinterfragen. Vielleicht ist es nicht die Unabhängigkeit, die wir suchen sollten, sondern die Interdependenz – das süße, chaotische Netz von Beziehungen, das uns tatsächlich hält und nährt.

Während die Suche nach dieser Art von Freundschaft manchmal entmutigend sein kann, insbesondere nach 30, wenn das Leben komplizierter wird, erinnert mich jeder echte Lachanfall, jede geteilte Träne, jede umarmte Nacht und all die weiteren schönen Erinnerungen daran, dass es möglich ist. Vielleicht ist das Geheimnis von Freundschaft im Erwachsenenalter nicht, sie zu finden oder sie zu bewahren, sondern sich für sie zu öffnen – immer wieder, auf alte und neue Arten. Wie immer bleibt die Frage offen – aber ich habe das Gefühl, dass die Antwort irgendwo zwischen einem herzlichen Gespräch und dem letzten Tropfen eines perfekt gemixten Cocktails zu finden ist.

Cheers auf die Freundschaften, die uns formen, fordern und letztendlich zeigen, wer wir wirklich sind.

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